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Enerige & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - „Größte Strommarktreform der vergangenen 20 Jahre“ 
Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN AUSGABE:
„Größte Strommarktreform der vergangenen 20 Jahre“ 
Dieser Tage endet die Begutachtungsfrist für das österreichische Elektrizitätswirtschaftsgesetz. E&M sprach aus diesem Anlass mit Staatssekretärin Elisabeth Zehetner. 
 
Heftige Kritik gab es im Zuge der Begutachtung des österreichischen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (EIWG) nicht zuletzt an dem Plan, Einspeisetarife für sämtliche Stromerzeuger einzuführen. Der E-Wirtschaftsverband Oesterreichs Energie etwa argumentierte, damit drohten „Wettbewerbsverzerrungen, Standortnachteile und ein Rückgang inländischer Investitionen − denn die Erzeugung in Österreich ist bereits jetzt vergleichsweise stark belastet. Zudem gibt es derzeit in keinem unserer Nachbarländer nennenswerte Netztarife für Erzeuger“.

Die zuständige Staatssekretärin Elisabeth Zehetner von der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) kommentiert dies gegenüber E&M pragmatisch: „Die stark zunehmende dezentrale Erzeugung, der wachsende Speicherbedarf, der Ausbau der Elektromobilität und neue Anforderungen durch smarte Technologien erhöhen den Druck auf unsere Netze, die erheblich ausgebaut werden müssen. Während die bestehenden Netzkosten bislang vor allem von den Strombeziehern getragen werden, entstehen die tatsächlichen Kosten überwiegend durch die Bereitstellung von Anschlussleistung − unabhängig davon, ob Strom eingespeist oder bezogen wird.“ 

Zehetner zufolge bedeuten die geplanten, von der Einspeisung abhängigen Tarife „einen fairen Beitrag zur Finanzierung, Sicherung und Weiterentwicklung unserer Netzinfrastruktur und damit auch zur langfristigen Investitionssicherheit. Innerhalb der EU haben bereits mehr als zehn Mitgliedstaaten einspeisebezogene Netzentgelte auf Verteilnetzebene eingeführt. Auch die EU- Kommission hat im Juli entsprechende Empfehlungen ausgesprochen. Wir gehen hier also keinen Sonderweg.“ 

Ferner bringe das ElWG eine Reihe von Verbesserungen mit sich. Dazu gehörten unter anderem mehr Rechtssicherheit für Energiegemeinschaften sowie den Peer-to-Peer-Handel, aber auch „dynamische Tarife zur Belohnung flexiblen Verbrauchs, Investitionsanreize für Speicher, Digitalisierung und netzdienliche Technologien sowie klare, beschleunigte Verfahren für Planung und Netzausbau. So schaffen wir Rahmenbedingungen, die Versorgungssicherheit, Klimaziele und Investitionsattraktivität in Einklang bringen.“

Die Kritik, das im ElWG vorgesehene Preisänderungsrecht bringe weder den Kunden noch den Energieunternehmen die gewünschte Rechtssicherheit, werde seitens der Regierung sehr ernst genommen, versichert Zehetner: „Wir werden alle im Begutachtungsverfahren vorgebrachten Bedenken sorgfältig prüfen. Unser Ziel ist, dass am Ende des parlamentarischen Prozesses eine Regelung steht, die sowohl den notwendigen Gestaltungsspielraum für eine funktionierende Energiewirtschaft bietet als auch eindeutige rechtliche Klarheit schafft.“

Von wegen „Mogelpackung“ 

Entschieden weist Zehetner den Vorwurf der Opposition zurück, die sogenannte Preis-runter-Garantie für die Endkunden bei sinkenden Großhandelspreisen sei eine „Mogelpackung“. Die Stromlieferanten würden nach dem Wortlaut des Entwurfs verpflichtet, spätestens sechs Monate nach einer entsprechenden Veränderung des Großhandelspreises „oder nach Wegfall des Anlasses für den ursprünglich vereinbarten Preis oder für eine Entgelterhöhung“ ihre Endkundenpreise zu senken. Das bedeute aber keineswegs, die Verträge sämtlicher Kunden automatisch auf Floater mit sich ständig ändernden Preisen umzustellen, stellt Zehetner klar: „Wichtig ist, dass Kundinnen und Kunden auch in Zukunft das Recht auf einen Fixpreisvertrag haben.“

Zur Kritik der Regulierungsbehörde E-Control, die monatliche Rechnungslegung für Endkunden werde nicht als Standard eingeführt, hält Staatssekretärin Zehetner fest, derzeit sei „die jährliche Abrechnung der gängige Standard“. Sowohl dieser als auch die monatliche Abrechnung hätten ihre Vor- und Nachteile: „Während die monatliche Abrechnung eine bessere Kostenkontrolle ermöglichen kann, ist die jährliche Abrechnung für viele Kundinnen und Kunden mit geringerem administrativem Aufwand verbunden.“ Das Energieministerium wolle bewusst keine starren Vorgaben machen, sondern den Kunden ermöglichen, „frei nach persönlicher Präferenz und finanzieller Situation“ zwischen monatlicher und jährlicher Abrechnung zu wählen. 

Auf gutem Weg 

Im Wesentlichen sieht Zehetner die Bundesregierung energiepolitisch auf gutem Wege. Mit dem ElWG-Entwurf habe diese „die größte Strommarktreform der vergangenen 20 Jahre auf den Weg gebracht. Damit schaffen wir die Grundlage, um den Herausforderungen der Zukunft sicher und nachhaltig zu begegnen.“ Nun sei das Ziel, das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) „schnellstmöglich in die Begutachtung zu schicken, um Genehmigungs- und Ausbauprozesse deutlich zu verkürzen“.

Überdies arbeite die Regierung „mit Hochdruck und in engem Austausch mit der Branche“ am Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG). Als zentralen Aspekt dabei sieht Zehetner „ein Marktprämienmodell nach dem Vorbild des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes, damit auch im Bereich grüner Gase ein verlässlicher Investitionsrahmen entsteht“. 

Ebenfalls mit Hochdruck laufen laut Zehetner die Arbeiten an der Umsetzung des Gas- und -Wasserstoffmarktpakets der EU. Deren Herzstück werde „die Neufassung des Gaswirtschaftsgesetzes, das Gas- und Wasserstoffwirtschaftsgesetz (GWG neu). Es wird die rechtliche Grundlage für den Aufbau der österreichischen Wasserstoffinfrastruktur schaffen, insbesondere für Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung des Wasserstoffstartnetzes.“

Zur Zusage der EU-Kommission, fossile Energieträger sowie Kernbrennstoff im Wert von 650 Milliarden Euro aus den USA zu importieren, konstatiert Zehetner, grundsätzlich seien hinsichtlich der Gasversorgung Österreichs „diversifizierte Gasbezugsquellen wichtig, um Klumpenrisiken zu verringern“. Entsprechende Verträge abzuschließen, obliege aber den Gasversorgern. Es sei in deren Ermessen, ob solche Verträge auch US-amerikanisches LNG umfassen. 

Smart Meter zentral für Energiewende

Verständnis zeigt Zehetner für die nach wie vor bestehenden Bedenken mancher Stromkunden gegen den Einsatz digitaler Messgeräte (Smart Meter), wie sie im Zuge der ElWG-Begutachtung geäußert wurden. Zehetner stellt dazu fest, die Smart Meter seien „ein zentraler Baustein für die Modernisierung unserer Stromnetze und damit für das Gelingen der Energiewende. Durch die präzise Erfassung und Übermittlung von Verbrauchsdaten können Energieversorger und Netzbetreiber das Stromnetz effizienter und stabiler betreiben.“

Gesundheitsgefahren bestünden nicht: Mobiltelefone sendeten „mit einer vielfach höheren Leistung“ als Smart Meter. Auch der Schutz der Daten sei gewährleistet: Diese würden „ausschließlich verschlüsselt an den Netzbetreiber übermittelt und nur für klar definierte Zwecke genutzt“, wie es den strengen rechtlichen Vorgaben entspreche.
 
Elisabeth Zehetner
Quelle: BMWET / Enzo Holey
 

Zur Person

Elisabeth Zehetner, geboren 1977, ist seit 1. April 2025 Staatssekretärin für Energie, Startups und Tourismus im Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus (BMWET). Zuvor führte sie die Geschäfte von Oecolution Austria, einer „Initiative zur nachhaltigen Standortentwicklung“. Zehetner gehört der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) an, die mit den Sozialdemokraten (SPÖ) und den Liberalen (Neos) die Bundesregierung bildet. 


 
 

Klaus Fischer
© 2025 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 03.09.2025, 09:12 Uhr

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